Walter Steinmann, ehemaliger Direktor des Bundesamtes für Energie (BFE) und Lisa Hämmerli von der Klimabewegung Glarus.
Walter Steinmann, ehemaliger Direktor des Bundesamtes für Energie (BFE) und Lisa Hämmerli von der Klimabewegung Glarus.

Society & people, Science, Politics

Es geht weiter – Schritt für Schritt

Der Briefwechsel zweier Klimabewegter –  Lisa Hämmerli schreibt an Walter Steinmann – erscheint derzeit auf www.powertage.ch.

Lieber Walter

Dein Brief mit der geschichtlichen Einordnung hat mir tatsächlich etwas Zuversicht im Hinblick auf die gescheiterte Vorlage zum CO2-Gesetz gegeben. Auch wenn du in deinem Schreiben die Energiepolitik ansprichst, so lässt mich die Klimaproblematik nicht los.

Vergangenen Sonntag bin ich mit den Klimaspuren von Solothurn noch Burgdorf gewandert und lernte dabei einmal mehr inspirierende Menschen kennen. «Klimaspuren» wandert in 42 Tagen quer durch die Schweiz und macht dabei darauf aufmerksam, wo der Klimawandel bereits sichtbar ist. Zudem machen auf den Weg rund 50 Orte deutlich, dass eine klimaneutrale Schweiz möglich ist.
Nach der 30 km langen Etappe entlang der Emme besichtigten wir Jenni Energietechnik AG.

Josef Jenni, ein Solarpionier, gründete 1976 sein Unternehmen als Einmannbetrieb. Heute bauen und montieren rund 70 Angestellte Solar- und Heizungsspeicher. Im Sommer heizen die Kollektoren das Wasser in riesigen Tanks auf, welches im Winter zum Heizen und für die warme Dusche genutzt wird. Beim Anblick dieser riesigen Tanks, wird einem bewusst, welch hohe Energiedichte Erdöl hat. Ein riesiger Tank mit einem Volumen von etwa 32’000 Liter ersetzt ungefähr 300 Liter Heizöl. Der Preis dieser hohen Energiedichte zeigt sich jedoch je länger je mehr. Und die extremen Unwetter der letzten Wochen verdeutlichen, dass der Klimawandel uns kosten wird.

Inspiration und Motivation pur

Es ist für mich beeindruckend, wie motivierte Menschen die vielen Kilometer dieser thematischen Wanderung auf sich nehmen. So lernte ich auf dem Weg Rosmarie kennen. Rosmarie ist KlimaSeniorin. Als vom Klimawandel besonders betroffene Bevölkerungsgruppe (ältere Frauen) haben KlimaSeniorinnen ein schutzwürdiges Interesse, dass der Staat Handlungen vornimmt, die zur Einhaltung des 2 Grad Ziels nötig sind. Damit kann das Leben und die Gesundheit, auch der älteren Menschen – geschützt werden. Vor Bundesgericht sind sie gescheitert, haben jedoch die erste Hürde am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geschafft. Ihre Beschwerde gegenüber der Schweiz wird nun mit hoher Priorität behandelt. Klimagerechtigkeit mittels der Justiz zu erreichen, wurde in vielen Ländern versucht. In jüngster Zeit gab es prominente Urteile. Ob es der zielführende Weg ist, weiss ich selber nicht. Auf allen Ebenen wird der Druck grösser das vereinbarte Klimaziel zu erreichen. Ich bin den KlimaSeniorinnen dankbar, dass sie sich zusammen mit uns Jungen auch fürs Klima engagieren. Sie tun es auch für meine Zukunft – auch wenn ich zu jung bin, um mich ihnen anzuschliessen.

Meine Vorsorge – zu meinen Gunsten angelegt?

In der öffentlichen Diskussion über Massnahmen gegen den Klimawandel wird immer wieder die Rolle der Banken und Penisonskassen genannt. Mit dem ihnen anvertrauten Geld sollen sinnvolle Investitionen getätigt werden: auch im Hinblick auf den Klimawandel. Aber welche Einflussmöglichkeiten habe ich als Arbeitnehmerin, wie meine Vorsorge «vorsorglich» angelegt wird? Wie du weisst, arbeite ich in einem kleinen Ingenieurbüro. An einer der letzten Teamsitzung diskutieren wir darüber, wie gross der Aktienanteil für den gesicherten Vermögensaufbau sein soll. Mir persönlich ist der Aktienanteil nicht so wichtig. Viel mehr nahm mich wunder, in welchen Bereichen «mein» Geld angelegt wird. Das Leben ist manchmal schon paradox: ich setze mich aktiv für mehr Klimaschutz ein und «mein» Geld, welches für meine spätere Vorsorge gedacht ist, kann massiv zum Klimawandel beitragen. Eine Garantie, dass «mein» Geld nicht in klimaschädliche Technologien investiert wird, habe ich leider noch nicht erhalten …

Mich wird weiterhin die Diskussion an der Energiefront bewegen. Mit dem Glarner Energiegesetz, welches im September vors Volk kommt, ist ein nächster kleiner Schritt möglich. Ich freue mich, dass du die Einladung zum Besuch der Glarner Landsgemeinde angenommen hast!

Doch jetzt brauche ich eine kleine Auszeit und lasse mein Laptop während meinen Ferien die nächsten zwei Wochen zu Hause.
Liebe Grüsse und eine gute Zeit wünscht dir

Lisa

PS: Ja, Windparkgegener durfte ich schon persönlich kennenlernen. Einer davon war ein ausgewiesener Extremist… Mehr dazu ein anderes Mal

#klimaglarus

Über die Schreibenden:

Dr. Walter Steinmann, *1951, ehemaliger Direktor des Bundesamtes für Energie (BFE, 2001-2016), ist Leiter des Advisory Board der Powertage und unabhängiger Berater verschiedener Projekte. Er engagiert sich für Start-ups und hilft mit Innovationen voranzubringen und die Transition im Energiesektor effizient zu gestalten. www.steinmannconsulting.ch

Lisa Hämmerli, *1993, ist im Glarnerland aufgewachsen und hat an der ETH Zürich Umweltnaturwissenschaften studiert. Anschliessend arbeitete sie an der ETH als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich der Wahrnehmungsforschung zu negativen Emissionstechnologien. Heute arbeitet sie in einem Ingenieurbüro, welches auf Abbau- und Deponieprojekte spezialisiert ist. In ihrer Freizeit engagiert sie sich bei der Klimabewegung in Glarus. Als Co-Präsidentin von KlimaGlarus.ch setzt sie sich für mehr Klimaschutz ein. www.klimaglarus.ch

Autor

KlimaGlarus.ch

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Category

  • Nature
  • Society
  • Other Politics

Published on

06.07.2021

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