10 Jahre Glarner Gemeindefusion (2011-2021) | Bild: Unsplash
10 Jahre Glarner Gemeindefusion (2011-2021) | Bild: Unsplash
150 Jahre «Glarus brennt» 2011 | Bild: Zeichnung von Franz Reggli auf glarus24.ch
150 Jahre «Glarus brennt» 2011 | Bild: Zeichnung von Franz Reggli auf glarus24.ch
Lebendige Tradition Anna Göldi | Bild: Anna Göldi Museum
Lebendige Tradition Anna Göldi | Bild: Anna Göldi Museum
«Moving Ornaments im Güterschuppen Glarus | Bild: Michael Bapst
«Moving Ornaments im Güterschuppen Glarus | Bild: Michael Bapst
Fasnachtszeit | Bild: Stefan Wiegand auf Pixabay
Fasnachtszeit | Bild: Stefan Wiegand auf Pixabay
«Fridlisfüür» am Fridolinstag | Bild: Suhas Rawool auf Pixabay
«Fridlisfüür» am Fridolinstag | Bild: Suhas Rawool auf Pixabay
Stadtopenair Sound of Glarus 2013 | Bild: Kanton Glarus, Samuel Trümpy
Stadtopenair Sound of Glarus 2013 | Bild: Kanton Glarus, Samuel Trümpy
Chilbizeit | Bild: Alexander Grishin auf Pixabay
Chilbizeit | Bild: Alexander Grishin auf Pixabay
Adventsfenster | Bild: Couleur auf Pixabay
Adventsfenster | Bild: Couleur auf Pixabay
Gastkanton Glarus am Zürcher Secheläuten 2017 | Bild: glarus24.ch
Gastkanton Glarus am Zürcher Secheläuten 2017 | Bild: glarus24.ch
Freiwililgenarbeit als Basis für das kulturelle Leben | Bild: Henning Westerkamp auf Pixabay
Freiwililgenarbeit als Basis für das kulturelle Leben | Bild: Henning Westerkamp auf Pixabay

Culture

Kulturelle Top 10 zum Fusionsjubiläum

Die Glarner Gemeindefusion von 2011 ist die weitreichendste Gebietsreform der Schweiz in jüngerer Zeit. Nebst dem politischen und finanziellen Aspekt, gehört zur Fusion auch der gesellschaftliche Prozess. Dabei helfen durchaus die Jubiläumsbänkli in jedem Glarner Dorf zum Innehalten, aber auch das kulturelle Angebot im ganzen Glarnerland, das sich sehen lässt.

Auch für mich ist 2021 ein Zehnjähriges. Seit 2011 lebe ich im Kanton Glarus. Es war ein positiver Kulturschock. Schliesslich war es nebst der Natur auch die Kultur, die mich vom Glarnerland überzeugte. Grund genug für eine kleine Kultur-Top-10. Zuerst aber zu dem, was sonst noch zur Fusion gehört.

Die Gemeindestrukturreform im Kanton Glarus von gl.ch

Die Gemeindefusion zählt zu den wichtigsten Reformwerken der Geschichte des Kantons Glarus. Auf die Landsgemeinde 2006 und die ausserordentliche Landsgemeinde 2007 folgte das Projekt GL2011. Es pflegte das Motto «drei starke Gemeinden, ein wettbewerbsfähiger Kanton».


Dazu Marianne Lienhard, Landammann und Departementsvorsteherin Volkswirtschaft und Inneres: «Eine der Erwartungen war ein Spareffekt. Diese sogenannte Fusionsdividende wurde zu Beginn mit Steuersenkungen ausgeschüttet. Trotz der Steuersenkungen liegt der Fiskalertrag 2019 mit 231,9 Millionen Franken gut 30 Prozent über dem Durchschnitt der drei Jahre vor der Fusion. Diese Erwartung hat sich durchaus erfüllt.»

Wichtig sei auch die Aufgabenentflechtung mit neu geklärten Zuständigkeiten. Die komplexen Strukturen mit über 80 verschiedenen Gemeinwesen wurden vereinfacht. So war die Fusion auch Treiberin für weitergehende Bereinigungen wie die Kantonalisierung des Sozial- und Vormundschaftswesens.

Die Gebietsreform ist auch die Basis einer langfristigen Raumplanung mit Spielräumen für Dörfer und Ortsteile. So hat der Kanton 2019 seinen Richtplan erlassen. In Glarus Nord und Glarus bestehen inzwischen die neuen Nutzungsplanungen. Glarus Süd legt sie demnächst der Gemeindeversammlung vor.

Über alle diese Aspekte hinaus geht der Prozess der gesellschaftlichen Identität in den neuen Strukturen, der mit kleinen Schritten besonders viel Zeit braucht.

10 kulturelle Erlebnisse zum Zehnjährigen von Werner Kälin

Das Glarnerland hat mich von Anfang an auch kulturell gepackt. Vieles davon war für mich unerwartet, vieles wie früher und vieles anders.

«Glarus brennt»: 2011 war es 150 Jahre her, seit die Stadt Glarus fast vollständig niederbrannte. Vom Gedenkprojekt «Glarus brennt» bekam ich den Anfang und das Ende mit. Den Anfang mit einem fast konventionellen Gottesdienst in der Stadtkirche und den Schluss mit einem total unkonventionellen Anlass auf dem Zaunplatz. Ein visuelles und akustisches Kunstwerk mit Feuerwerk, Knallkörpern, wild durcheinander marschierenden und musizierenden Harmoniemusik-Formationen und keinem fixen Platzbereich für die Zuschauer:innen. Das Spektakel liess eindrücklich das Chaos und die Verzweiflung spüren, die in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 1861 in Glarus herrschten. Zwischen Eröffnung und Abschluss standen auch eine Ausstellung und ein Schauspiel auf dem Programm.

Erinnerungskultur an Anna Göldi: Schon 2010 zog mich das Thema Anna Göldi ins Glarnerland. Damals wurde in Mollis das Freilichtspiel «Annas Carnifex» aufgeführt. In Mollis befand sich früher auch das Anna Göldi Museum. Inzwischen ist es in den Hänggiturm nach Ennenda gezogen. Das moderne Museum ist dem Schicksal der 1782 durch das Schwert hingerichteten Magd gewidmet. Auch im Kantonshauptort erinnert eine Installation an Anna Göldi, das dezent leuchtende Mahnmal am Gerichtsgebäude. Die Erinnerungskultur an Anna Göldi zählt zu den lebendigen Traditionen des Kantons Glarus.

Güterschuppen Glarus: 2014 fand im Güterschuppen Glarus die Ausstellung «Moving Ornaments» statt. Regula Michell zeigte acht grossflächige, kaleidoskop-ähnliche Videoprojektionen auf vier hängenden Stoffleinwänden. Es war die Zeit, in der sich der Güterschuppen zu einem Kultur-Mekka im Kantonshauptort mauserte. Foto- und Kunstausstellungen, Konzerte, Filmabende, Kleinkunst, TV- und Radioaufzeichnungen, thematische Ausstellungen, Kunsthandwerkermärkte und natürlich der Kunstraum in der Gepäckausgabe machen das Angebot im Güterschuppen breit – und das ist den projektweise wechselnden Organisatoren sowie der Offenheit des Glarner Kunstvereins zu verdanken.

Fasnachtszeit: Im Kanton Glarus ist die Fasnacht kaum aus dem kulturellen Jahreskalender wegzudenken – sofern nicht gerade Pandemie mit Veranstaltungseinschränkungen herrscht. Fasnächtler bin ich selber überhaupt nicht, aber so richtig lässt sie mich auch nicht los. Wie auch? Mit ihren zahlreichen Fasnachtsvereinen gehört die Glarner Fasnacht zu den grössten ihrer Art. Und sie dauert wirklich sehr, sehr lange. Vom 11.11. bis in den März hinein. Ein Maskenball und ein Nachtumzug folgen dem anderen. Zu den Höhepunkten zählen die katholisch geprägte Näfelser Fasnacht vom «Schmudo» bis zur «Uslumpetä» sowie der Sternmarsch mit Monsterkonzert im Hauptort Glarus. Es gibt sogar eine Sommerfasnacht.

Fridolinstag: Etwas überraschend ist der Fridolinstag am 6. März kein offizieller Feiertag im Glarnerland. In meinem Heimatdorf Einsiedeln wäre das bestimmt anders. Überraschend auch: In Einsiedeln ist der Abschluss der Fasnacht das Pendant zu den «Fridlisfüür» im Kanton Glarus. Hier hängt die Feuertradition mit dem Gedenken an den heiligen Fridolin zusammen. Die Glarner vereinen den ursprünglich heidnischen Brauch zur Vertreibung des Winters mit dem christlichen Gedenken an den Landespatron. Im Kantonshauptort freut man sich auf den Fridolinstag auch aus einem anderen Grund: Um den 6. März scheint die Abendsonne nach dem winterlichen Tiefstand wieder aus dem Klöntal auf Glarus.

Stadtopenair: 13 Mal fand das GLKB Sound of Glarus bisher statt. Es ist – nach der Landgemeinde – die grösste Veranstaltung im Kanton Glarus. 4000 bis 5000 Besucher:innen pro Abend werden jedes Mal von internationalen, nationalen und lokalen Acts musikalisch verwöhnt. Ein Festival dieser Grössenordnung mit einem Line-up, das sich jedes Jahr sehen und hören lässt, ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit für das kleine Glarnerland. 2021 fand es erstmals auf dem Zaunplatz statt. In früheren Jahren räumten die Glarner:innen kurzerhand ihre Strassen und das Rathaus für die Musik.

Chilbizeit: Zum Ende der Sommerferien geht jeweils die Chilbi-Saison los. Die Glarner Chilbi-Kultur lässt sich grössentechnisch kaum mit urbanen Jahrmärkten messen, punktet aber atmosphärisch mit authentischem Background. An den Glarner Chilbis stellen nicht nur Schausteller ihre Bahnen zur Schau, sie sind ein Treffpunkt für Einheimische, Zugezogene, Heimwehglarner, Chilbi-, Kultur- und Kulinarik-Fans. So gut wie im Wochentakt steht bis Ende Oktober eine Chilbi nach der anderen in den Dörfern auf dem Programm. Den Ruf der Beliebtesten hat die Chilbi Ennenda. Die Jüngste ist die Beton-Chilbi, an der im Skatepark auf dem Gelände der Lintharena Näfels gefestet, geskatet, Musik gemacht, gehört, gestaltet und getanzt wird.

Adventsfenster: Im Dezember entstehen vielerorts besondere Adventskalender. Auch in Glarner Dörfern öffnen sich zwischen dem 1. und 24. Dezember täglich neue Adventsfenster, an manchen Orten sogar die Türen. Die teilnehmenden Haushalte und Organisationen geben ein besonderes Signal mit ihren Adventsfenstern. Gestalter und Gastgeber öffnen in dieser Zeit nicht nur Fenster und Türen, sondern auch Herzen – ihre eigenen, die der Gäste und die der Vorbeiziehenden. In Zeiten der globalen Verunsicherung sind Adventsfenster ein wertvoller lokaler Schatz. 

Glarus am Sechseläuten: Die einen sehnen sich das ganze Jahr danach, die anderen haben dann einfach fre, sofern sie in Zürich arbeiten. 2017 erlebte ich die lebendige Tradition hautnah, als Glarus ein einfach grandioser Gastkanton war. Das Sechseläuten beginnt schon am Freitag mit der Eröffnung, steigert sich Tag um Tag und tatsächlich: Die Verbrennung des Bööggs – das Zürcher Pendant zu den Glarner «Fridlisfüür» – ist der absolute Höhepunkt. Knall und bumm und alles ist vorbei. Dann übergeben die Zünfte und die Traditionsbewussten den Platz der «anderen» Bevölkerung zum Volksbräteln: 2017 verteilten dort die Glarner Metzger ihre Kalberwürste gratis.

Freiwilliges Engagement: Kultur im Glarnerland ist kaum möglich ohne unzählige, ehrenamtliche Stunden und Tage. Rund 20 Prozent der Menschen in der Schweiz engagieren sich mit institutioneller Freiwilligenarbeit – also zum Bespielen in Sport- und Kulturvereinen, kirchlichen Institutionen oder politischen Parteien. Freiwilligenarbeit ist kein Ponyhof. Wer sich politisch engagiert, ein Dorffest organisiert oder seinen Nachbarn hilft, trifft auch auf hektische oder unbequeme Situationen. Persönlich durfte ich in den letzten zehn Jahren das grosse kulturelle Engagement der Glarner:innen zum Beispiel durch die Zusammenarbeit bei der Holzart-Woche 2019, bei #coronakunstglarus 2020 oder bei der CLEVER-Ausstellung 2021 des Vereins KlimaGlarus.ch erfahren – Letzterer widmete dem Fusionsjubiläum sogar eine Klimademo

Wer auch über sein kulturelles Engagement im Verein oder im Projekt berichten möchte, kann sich für einen Gastbeitrag im Kulturblog melden.

Autor: Werner Kälin

#10JahreGlarus

Autor

Kulturblogger Glarus

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  • Culture

Published on

17.10.2021

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